Unser Schulprojekt in Afrika

09. Juli 2018

Netfonds engagiert: Mittelverwendung mal anders

„Wewe u mmoja wetu sasa“ (Du bist jetzt ein Teil von uns), sagte Bramwel W Muliro zu mir, als wir Ende Dezember 2017 gemeinsam vor dem Eingang der NAMOSI ACK PRIMARY SCHOOL für ein letztes Foto zusammenstanden. Bramwel ist Direktor einer der größten Grundschulen in Bungoma County, einer Region im Westen Kenias unweit der Grenze zum Nachbarland Uganda.

Bei meinem ersten Besuch im Juli 2016 hatte ich bereits den Plan gefasst, dieser Schule zu helfen. Seinerzeit fehlten mir aber die Möglichkeiten. Dies sollte sich ändern, als ich im August 2017 bei der Netfonds Gruppe als Controller anfing. Schon beim Vorstellungsgespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden Karsten Dümmler kam das Thema Kenia auf den Tisch. Er erzählte mir, dass er selbst mehrere Monate in Kenia verbracht hat und demnach mit den Rahmenbedingungen vor Ort vertraut ist.

Wenige Wochen bevor ich meine Reise nach Kenia antrat, sprach ich ihn erneut an. Ich bat ihn, mir einen Karton mit Netfonds-Notizblöcken sowie Kugelschreibern zur Verfügung zu stellen. Seine Antwort faszinierte mich: „Wir als Konzern mit einem Jahresumsatz im hohen zweistelligen Millionenbereich müssten schon wesentlich mehr machen, als ein paar Blöcke und Stifte zu verteilen.“ In diesem Moment wusste ich, dass ich für dieses Herzensprojekt einen wichtigen Fürsprecher hatte.

Bild: Insgesamt werden 1.100 Schüler unterrichtet. Sie laufen teils bis zu 10 Kilometer, um zur Schule zu gehen.

Am 13. Dezember 2017 war es dann so weit. Gemeinsam mit meinem Bruder Sebastian und seiner kenianischen Frau Roselyne flog ich für drei Wochen nach Kenia und besuchte neben dem klassischen Touristenprogramm auch die ländlichen Regionen des Landes. Einen Tag vor Heiligabend flogen wir direkt nach Eldoret. Von dort aus sind es noch einmal 150 Kilometer bis Namosi, dem Dorf, in dem Roselyne aufgewachsen war. Eines hatte sich seit meinem letzten Besuch nicht verändert – die Herzlichkeit und Dankbarkeit der Menschen vor Ort. So war sich Roselynes Familie auch nicht zu schade, Second-Hand-Kleidung dankbar anzunehmen. Die Freude über eine neue Matratze für ihren über 80-jährigen Vater war unbeschreiblich. Es gelten hier einfach andere Maßstäbe. Während ich nach fünf Tagen ohne fließendes Wasser schon fast die Krise bekam, erfreuen sich die Menschen vom Lande an den Kleinigkeiten des Lebens. Deshalb wusste ich auch, welche Freude die Stifte und Notizblöcke bei den Schulkindern vor Ort hervorrufen würden.

Da Ferienzeit war, rechnete ich nicht damit, dass mehr als eine Handvoll Schüler oder gar der Direktor erscheinen würde. Wir trafen gegen elf Uhr in der Schule ein. Außer dem Hausmeister, der uns das Tor geöffnet hatte, war niemand dort. Wir nutzten die Gelegenheit, um die Räumlichkeiten der Schule zu besichtigen. Die Klassenräume erinnerten mich an eine spärlich ausgestattete Scheune. An der Wand prangte eine Schiefertafel, der Raum war mit circa 20 Sitzbänken eingerichtet. Die Fenster bestanden aus Metallrahmen ohne Scheibe. Neun harte, ungehobelte Bretter waren jeweils zu einer Sitzbank mit „Arbeitsfläche“ zusammengenagelt. Mittlerweile kamen immer mehr Schüler. In ihren blau-weißen Schuluniformen waren sie extra kilometerweit gelaufen, nur um uns zu sehen. Am Ende erreichte Direktor Bramwel mit einem klapprigen Fahrrad die Schule und begrüßte uns herzlich. Er führte uns in sein Direktorzimmer, ein karg ausgestatteter Raum ohne nennenswerten Komfort. Wir unterhielten uns eine lange Zeit über die Entstehung der Schule und die aktuellen Problemstellungen. Die Schule wurde 1979 gegründet, dort werden derzeit knapp 1.100 Schülerinnen und Schüler der Klassen 1 bis 8 von 22 Lehrern unterrichtet. Je Klasse um die 100 Schüler. Die Schüler kommen teilweise aus mehr als zehn Kilometern Entfernung, um dort zur Schule zu gehen. Bramwel schilderte mir, dass dies zunehmend zu einem Problem werde. Die Räumlichkeiten reichen weder vom Platz noch von der Ausstattung her aus, um die wachsende Anzahl zu bewältigen. Auch die Anzahl der Lehrer ist zu gering. Es mangelt an ausreichend Toiletten und auch an Räumen für die Lehrer, um den Unterricht vorzubereiten. Die Wasserversorgung sei eine Katastrophe, sagte Bramwel. Die einzige Wasserpumpe versorge auch das nahe gelegene Dorf. Kinder, die kurz vor dem Schulabschluss stehen, bekommen noch nicht mal ein Zeugnis, weil es keinen Drucker zum Ausdrucken gibt. Umso mehr war der Direktor überrascht, als ich die Stifte und Blöcke überreichte und die Netfonds Gruppe als möglichen Investor für die Schule ins Spiel brachte.

Bild: Klassenraum der Namosi Ack Primary School

Er führte uns sodann persönlich durch die Räumlichkeiten. Der Klassenraum, der eben noch leer gewesen war, hatte sich mit knapp 150 Schülerinnen und Schülern aller Altersstufen gefüllt. Alle im Raum standen auf und begrüßten uns herzlich. Es wurde ein Lied angestimmt, fünf Waisenkinder rezitierten ein Gedicht. Die Durchfallquote betrug dieses Jahr fast 50 Prozent. Bramwel erklärte mir, dass dies an den fehlenden Lehrmitteln liege. Die kenianische Regierung habe im letzten Jahr 120 Tablets angeschafft, auf denen die Kinder den offiziellen Lehrstoff vermittelt bekommen. 120 Tablets für 1.100 Kinder, und das ohne jegliche Internetverbindung. Es gebe ja kaum Möglichkeiten, die Geräte aufzuladen, Strom sei Mangelware. Die einzige Glühbirne im Klassenraum werde jeden Tag entfernt, damit sie nicht gestohlen wird.

Ich fragte ihn, was sein größter Wunsch sei, und Bramwel antwortete: „Ein Drucker und ein Kopierer für Zeugnisse.“ Er betonte aber auch gleich, egal welche Art von Hilfe kommen möge, er sei dankbar für alles. Die Netfonds Gruppe wäre der erste ausländische Investor an dieser Schule. Das Projekt wird in den nächsten Monaten konkrete Formen annehmen. Ich stehe wöchentlich im Austausch mit dem Direktor und der Familie vor Ort. Derzeit wird der genaue Bedarf der Schule eruiert. Neben Sachspenden wie Stiften und Blöcken ist geplant, ein Treuhandkonto für Spenden einzurichten und den Großteil der Ausstattung vor Ort zu beschaffen. Als Controller der Netfonds Gruppe kann ich dann in Abstimmung mit den Verantwortlichen vor Ort die Mittelverwendung steuern – ohne dass die Mittel durch Korruption oder exorbitante Verwaltungskosten versickern. Mit den Worten „Wewe u mmoja wetu sasa“ verabschiedete uns Direktor Bramwel, und ich versprach ihm wiederzukommen. Unternehmen, die sich an dem Projekt beteiligen wollen, können direkt mit Netfonds / mir Kontakt aufnehmen.

Ihr Ansprechpartner:

Stefan Görtz
Group Controller
E-Mail: sgoertz@netfonds.de
Telefon: 040 / 822 267 -308

Ihr Netfonds-Team

Titelbild: Schuldirektor Bramwel mit Stefan Görtz