Orientierung in der nachhaltigen Geldanlage

12. September 2019

Nachhaltigkeit: Das leisten Siegel und Ratings

Siegel und Ratings sind die Qualitätskontrolle für grüne und sozialverträgliche Anlageprodukte. Fidelity zeigt, was hinter den Kennzeichnungen steckt und wie Anleger sich damit in der nachhaltigen Anlagewelt besser zurechtfinden.

Bei jeder Kaufentscheidung schwingen unzählige Fragen zu Umwelt und sozialen Themen mit: Wie viel sollten Arbeiter und Manager verdienen? Sind genveränderte Pflanzen eine gute Idee? Wie denkt ein Unternehmen über seine CO₂-Bilanz nach? Und wie prüft man überhaupt, wie Produktanbieter mit diesen Fragen umgehen?

Um Nachhaltigkeitsaspekte für Waren und Dienstleistungen herauszustellen, wurde eine Vielzahl von Kennzeichnungen entwickelt, die Verbrauchern dabei helfen, Produkte zu finden, die ihren Werten und Prioritäten entsprechen.

Damit Anleger ihr Vermögen mit gutem Gewissen investieren können, gibt es entsprechende Nachhaltigkeitssiegel und -ratings auch für Geldanlageprodukte.

„Siegel und Ratings nehmen Anlegern nicht die Entscheidung ab, aber sie unterstützen sie bei der Suche nach dem richtigen Produkt für ihre Anlage“, sagt Fidelity-Portfoliomanager Hiten Savani. „Ein Siegel zeigt, dass ein Fonds – ganz unabhängig von seinem Fokus und seiner Philosophie – dem Nachhaltigkeitsgedanken verpflichtet ist und diesen Ansatz diszipliniert verfolgt, und dass Kontrollmechanismen existieren, die dafür sorgen, dass sich daran in Zukunft auch nichts ändert.“

Wie Produktkennzeichnungen auch, sind Siegel allerdings durchaus vielfältig und decken jeweils verschiedene Nachhaltigkeitsaspekte ab. Der folgende Leitfaden kann Anlegern helfen, die breite Palette an Kennzeichnungen besser zu durchschauen.

Nachhaltigkeitssiegel und Ratings

Es gibt zwei Arten der Kennzeichnung für Geldanlageprodukte: Siegel und Ratings. Beide können Hinweise darauf geben, wie nachhaltig ein Produkt ist, unterscheiden sich jedoch im Aussteller und im Schwerpunkt. Ein Nachhaltigkeitssiegel wird meist auf Initiative eines Fondsmanagers vergeben. Er bewirbt sich mit seinem Fonds auf ein Siegel und erhält dieses nur, wenn der Fonds der Prüfung der jeweiligen Organisation standhält. Ein Siegel kommt daher einer Auszeichnung gleich. Ratings hingegen können positiv wie negativ ausfallen und werden auf Initiative einer Rating-Organisation verliehen. Beispiele für Ratings sind die ESG1 – Ratings für investierbare Unternehmen von MSCI und die Nachhaltigkeits-Ratings für Investmentfonds von Morningstar. Zu den wichtigsten Siegeln für europäische Fonds zählen das französische Label ISR, das luxemburgische LuxFLAG, das skandinavische Nordic Swan Ecolabel und das deutsche FNG-Siegel.

 SiegelOrganisationArt der OrganisationRegion
Label ISR (Investissements Socialement Responsables)Label-Komitee, unterstützt durch französisches Finanzministerium, geprüft durch Afnor und EY Franceöffentlichfür Fonds, die in Frankreich zugelassen sind
LuxFLAGLuxembourg Finance Labelling AgencyBranchenorganisationfür Fonds, die in der EU zugelassen sind
Nordic Swan EcolabelEcolabelling Skandinaviengemeinnützigfür Fonds, die in mindestens einem der skandinavischen Länder zugelassen sind (Dänemark, Finnland, Island, Norwegen, Schweden)
FNG-SiegelForum Nachhaltige GeldanlagenBranchenorganisationfür Fonds, die in Deutschland, Österreich, der Schweiz oder Liechtenstein zugelassen sind

Möglicher Fokus: Portfolio oder Investmentprozess

Während Ratings vorrangig die Nachhaltigkeit der Unternehmen im Portfolio beleuchten, stützen sich Siegel stärker auf den Prozess, mit dem ein Fondsmanager Unternehmen auswählt.

„Es erfordert viele Monate der Planung, um einen neuen nachhaltigen Fonds an den Markt zu bringen: Wir haben genau nachgehört, was die Ziele unserer Kunden sind, Chancen identifiziert, die zu diesen Zielen passen, und ein Produkt entwickelt, das nicht nur attraktive Renditen generiert, sondern auch in Unternehmen investiert, die nachhaltigen Kriterien entsprechen“, sagt Bertrand Lecourt, Manager des Fidelity Sustainable Water & Waste Fund. Sein Fonds hat gerade das ESG-Siegel LuxFLAG erhalten.  „Ein solches Siegel ist Anerkennung für diese Arbeit.“

Wichtige Kriterien für ein nachhaltiges Portfolio

Wer sich an Nachhaltigkeitssiegeln orientiert, sollte sich mit deren Kriterien genauer befassen. Für einige Siegel ist ein nachhaltiger Fonds ein solcher, der in Champions auf den Gebieten Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung investiert. Solche Siegel erfordern meist, dass bestimmte Unternehmensgruppen aus dem Anlageuniversum ausgeschlossen werden. Dazu gehören häufig Hersteller von Waffen, Tabak, fossilen Brennstoffen oder Atomenergie.

Die meisten Unternehmen haben jedoch kein homogenes Geschäftsmodell, sondern beziehen Umsätze aus verschiedenen Quellen. Energiefirmen zum Beispiel haben zuweilen eine Öl- und eine Solarsparte. Organisationen, die Nachhaltigkeitssiegel vergeben, definieren deshalb oft Grenzwerte für die umstrittenen Geschäftsbereiche. Um die Kriterien eines Siegels zu erfüllen, könnte eine Organisation etwa fordern, dass die im Portfolio enthaltenen Firmen höchstens fünf Prozent ihrer Umsätze mit der Herstellung von Waffen erzielen.

Einige Organisationen stützen sich auch auf die Expertise Dritter, wenn es darum geht, welche Unternehmen in ein nachhaltiges Portfolio gehören. Manche nutzen etwa Daten internationaler Menschenrechts- oder Antikorruptions-Organisationen, um die Nachhaltigkeit von Unternehmen zu bewerten.

Wichtige Kriterien für einen nachhaltigen Investmentprozess

Geht es um den Investmentprozess, ist die wohl wichtigste Anforderung an einen nachhaltigen Fonds Transparenz. Fondsgesellschaften müssen zum Beispiel Unterzeichner des Europäischen Transparenzkodex für Nachhaltigkeitsfonds werden oder regelmäßig ihre Methodik und die vollständige Liste ihrer Investments veröffentlichen, um ein Siegel zu erhalten.

Einige Nachhaltigkeitssiegel werden auch an Fonds vergeben, deren Manager ein besonders gründliches Research betreiben. Manche Siegel fordern, dass ein bestimmter Anteil der Firmen in einem Portfolio ein ESG-Rating hat oder dass die Fondsgesellschaft die Arbeit ihres Managers regelmäßig überprüft.

Bei einigen Siegeln spielen auch die Nutzung des Stimmrechts bei Hauptversammlungen und der kritische Dialog mit Unternehmen eine Rolle. Denn auf diesem Weg können Fondsmanager mehr Nachhaltigkeit einfordern und so etwas verändern.

Fazit

Nachhaltigkeitsratings und -siegel tragen dazu bei, die Sichtbarkeit von ESG-Produkten und bestimmten Aspekten sozial- und umweltverträglicher Geldanlagen zu erhöhen. Vor allem Siegel zeugen von besonderer Transparenz, da ein Fondsanbieter sich hier entschlossen hat, Prozesse und Investments offen zulegen.

Doch kein Siegel passt zu jedem Fonds, egal wie ernst es der Manager mit seinem nachhaltigen Ansatz meint. Müssen alle Unternehmen im Portfolio strengsten Nachhaltigkeitskriterien entsprechen, schränkt das das Anlageuniversum oft stark ein. Zum einen lässt es voreilige Schlüsse über die Nachhaltigkeit bestimmter Projekte zu – die Wasserkraft zum Beispiel gehört zu den erneuerbaren Energiequellen, Projekte gefährden jedoch häufig das örtliche Ökosystem. Zum anderen verpassen Anleger bei diesem Ansatz die Chance, Unternehmen zu unterstützen, die noch keine hervorragende Nachhaltigkeitsbilanz vorzuweisen haben, aber große Fortschritte machen.

Der Austausch zwischen Fondsmanagern und Unternehmen ist daher essenziell. „Anleger, die sich eine nachhaltige Geldanlage wünschen, wollen für eine positive Veränderung sorgen. Sie wollen zum Beispiel bessere Arbeitsbedingungen, eine Reduzierung schädlicher Emissionen oder eine Stärkung des Verbraucherschutzes erreichen“, sagt Fidelity-Fondsmanager Vincent Durel. „Wenn wir mit Unternehmen in einen Dialog über Nachhaltigkeit treten, verschaffen wir der Stimme unserer Anleger in Vorstandsetagen rund um den Globus Gehör.“

Quelle: Fidelity

Ihr Netfonds-Team

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